Ich und du
- Rainer Harter

- 14. Juli
- 2 Min. Lesezeit

Kein Mensch ist eine Insel
Und doch sind wir alle auf wunderbare Weise einzigartig. Niemand denkt oder handelt exakt wie du; keine zweite Person auf dieser Welt vereint genau dieselben Begabungen, Grenzen und auch Empfindlichkeiten. Ich finde das faszinierend.
Unsere Verschiedenheit kann ganz schön herausfordernd sein.
Manchmal müssen wir die Worte unseres Gegenübers regelrecht übersetzen, so sehr können sie von seinen Erfahrungen und Prägungen gefärbt sein. Selbst wenn wir glauben, jemanden endlich zu kennen, verändert sich seine „Sprache“ doch mit jedem neuen Lebensabschnitt. Nichts bleibt dauerhaft genau so, wie es einmal war - nicht im Außen, aber auch nicht im Inneren eines Menschen.
Und doch gibt es Charakterzüge, die uns ein Leben lang begleiten, weil sie tief in den code unserer Persönlichkeit eingeschrieben sind. Auch sie entwickeln sich zwar weiter und rücken mal mehr, mal weniger in den Fokus, aber sie bleiben das Instrument, auf dem wir die Melodie unseres Lebens spielen.
Manchmal muss ich schmunzeln, wenn ich mein eigenes Leben betrachte. Schon als Kind stand ich im Jackett und Zylinder als Conférencier auf der Sommerfest-Bühne des Kindergartens. Später war ich Klassenclown, New Waver und Gründer meiner eigenen Punkband. Ich legte in einem Underground-Club auf und war immer vorne mit dabei, wenn neue Trends kamen – im Guten wie im Schlechten.
Diese Dynamik habe ich nie verloren. Deshalb begeistern mich leidenschaftliche Menschen, die ohne Rücksicht auf ihre eigene Komfortzone ihre Ideen und Visionen verfolgen - in meinem Büchern „Brannte nicht unser Herz“ und „Majestät“ habe ich einige dieser Vorbilder beschrieben.
Mir ist bewusst, dass meine Art zu leben, andere Menschen überfordern kann. Auf sie wirke ich vielleicht getrieben oder erfolgsorientiert. Das muss ich aushalten und mich auch immer wieder daran erinnern, von anderen nicht zu erwarten, ebenso zu denken und ihr Leben zu führen wie ich. Stattdessen gilt es, andere wertzuschätzen und in sie hineinzuschauen, denn dann können Synergien entstehen, die uns beide weiterbringen.
Diesen Schritt zu tun ist nicht so einfach. Aufgrund unserer „Strickmuster“ denken wir fast alle, - mehr oder weniger bewusst - dass wir diejenigen sind, die richtig herum „gestrickt“ sind, während die anderen in schrecklichen Schlabberpulis oder viel zu eng sitzenden Tops herumlaufen.
Aber das stimmt natürlich nicht.
Eine der zentralen Aufgaben unseres Lebens besteht darin, nicht nur uns selbst, sondern auch die Einzigartigkeit jedes Anderen möglichst zu erfassen. Nur wer bereit ist, in die Tiefe seines Gegenübers einzutauchen, entdeckt den wahren Reichtum, der in der Begegnung und im Zusammenwirken von Begabungen und Prägungen verborgen liegt.
Nicht alle Menschen sind wie ich - und das ist gut so.
Aber ich bereichere das große Ganze mit meiner Art - und du mit deiner.
Hast du dich schon mal gefragt, wie deine Einzigartigkeit andere bereichern könnte?
Ich möchte dich ermutigen, in dieser neuen Woche erstens über dich selbst und darüber nachzudenken, wie und wo du deine Talente und deine Persönlichkeit zum Segen anderer einsetzen kannst. Und ich möchte dir ans Herz legen, dich mit derjenigen Person auf einen Kaffee zu treffen, über deren scheinbare Getriebenheit oder dessen scheinbares Phlegma du immer wieder innerlich die Augen verdrehst.
Alles Liebe. Rainer



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