Winterzeiten
- Rainer Harter
- 6. Jan.
- 2 Min. Lesezeit

Der kürzeste Tag des vergangenen Jahres liegt hinter uns.
Jedes Mal bin ich froh, wenn diese Hürde genommen ist und die Tage wieder beginnen, länger zu werden.
Für manche, wie zum Beispiel Freunde von mir, die in der Hotelbranche im Schwarz-wald tätig sind, gehört diese Jahreszeit zur Hauptsaison und ist deshalb ein Grund zur Freude. Auch Liebhaber des Wintersports freuen sich auf die kalte Jahreszeit – ich hingegen nicht.
Ich freue mich auf die Zeit, in der die Kraft des Lichts und des Lebens wieder sichtbar wird. Wie ein kleines Kind staune ich dann über das Sprießen der Pflanzen überall, wohin man sieht.
Wenn ich daran denke, dass bereits eine Blume es vermag, selbst den Asphalt zu durchbrechen, kann ich nur erahnen, welche Kräfte am Werk sind, wenn der Frühling anbricht. Noch ist es nicht so weit, aber ich sehe, dass die Pflanzen in unserem Garten bereits dicke Knospen tragen. Das lässt mich wissen: Es dauert nicht mehr lange.
So wie der Wechsel der Jahreszeiten empfinde ich mein Leben als eine beständige Geschichte der Veränderung. Manchmal erlebe ich Phasen der Dunkelheit und des Verlusts, in denen das Licht Gottes nur schwach zu sein scheint. Auch ich kenne Zeiten, in denen das, was so wunderbar geblüht und mir so viel Freude geschenkt hat, plötzlich krank zu werden beginnt und stirbt. Doch dann gibt es wieder Abschnitte, in denen alles wie von selbst gelingt und ich überall Leben und Schönheit erblicke.
Eines habe ich deshalb in meinem Leben gelernt: Kein Leid dauert ewig, und nach jedem Winter kommt ein Frühling. Darauf baue ich, sowohl in Bezug auf meine „inneren Jahreszeiten“ als auch im Hinblick auf den mir ungeliebten Winter.
Vor unserem Küchenfenster blühen bereits seit einigen Wochen die Christrosen. Ihre weißen Blüten sind eine Wohltat in all dem Grau und Braun dieser Wochen. Ich staune darüber, wie ihre zarten Blüten die Härte der kalten Nächte, die Niederschläge und den Mangel an Sonnenlicht überstehen können. Ihr volkstümlicher Name und ihre Widerstandskraft erinnern mich daran, dass die Schönheit Christi und seine Gegenwart auch dort aufblühen, wo es nicht schön und angenehm ist. Er ist da, in meiner und in deiner Dunkelheit. Der Winter wird enden, und jedes Leiden ebenfalls.
Ich wünsche dir die Fähigkeit, auch in der Dunkelheit Schönheit entdecken zu können und die Freude darüber, dass das Licht zunimmt.
Alles Liebe. Rainer
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